Eine Trilogie von Bernhard Horwatitsch – Gesellschaft
- Teil Marktwirtschaft
Eine Analyse mit einem Ausweg

Die aktuellen Krisen sind alle eine Folge der letzten 250 Jahre Ökonomie. Wir sind weit gekommen, haben einen exorbitanten Reichtum an Waren und an Wissen produziert und können das durchaus einmal mit Stolz betrachten. Doch jetzt müssen wir wohl oder übel einsehen, dass uns existenzielle Güter (Wasser, Energie) ausgehen. Wir sind damit gezwungen, neu über unsere Art zu wirtschaften nachzudenken. Wenn wir das hinbekommen, dann schaffen wir für uns alle eine nachhaltige Resilienz, die eine Utopie und nicht nur eine Dystopie ermöglichen. Dazu aber ist es wichtig erst einmal zu verstehen, wie wir jetzt wirtschaften und warum das nicht mehr zielführend ist.
Der technische Fortschritt der modernen Gesellschaft ermöglicht die Herstellung von riesigen Produktionsmengen. Eigentlich müssten wir keinen Lebensmittelengpass mehr haben. Wir hätten auch die notwendigen Logistiklösungen für eine weltweite Verteilung der Nahrung zur Verfügung. Wir verfügen auch über genügend medizinischen Fortschritt, um die schlimmsten Geißeln der Menschheit weltweit auszurotten. Und ebenso ist ein unerschöpflicher Zugang zu Information und Bildung möglich, steht technisch bereit.
Warum – und das ist nur die Spitze des Eisbergs – verhungern trotz all der Errungenschaften täglich 100.000 Menschen? Warum lebt die Mehrheit der Menschen im Elend? Warum gelten in den USA (das reichste Land der Welt) 30 Millionen Menschen als arm? Warum können in Deutschland 36 Prozent nicht von ihrer Arbeit leben (working poor)?
Kinderarmut, Altersarmut, Krise des Gesundheitswesens, Bildungsnotstand, soziale Not die bis in den so genannten Mittelstand hineinreicht. All das parallel zu einem schier unerschöpflichen Reichtum. Hier der einzelne Milliardär, dort das Heer der Hungernden.
Wie lässt sich diese absurde Tatsache bekämpfen?
Durch den Ausbau des Sozialstaates? Durch mehr Entwicklungshilfe? Spenden? Oder Protest gegen die Globalisierung? Oder gar durch Abschaffung des Kapitalismus!?
Die Marktwirtschaft bezeichnet eine arbeitsteilig organisierte Wirtschaftsordnung, in der die Koordination von Produktion und Konsum über das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage auf Märkten erfolgt.
Man würde auf den ersten Blick dieser Definition gar nicht widersprechen. Aber stimmt denn das? Wird auf dem Markt Produktion und Konsum koordiniert? Dient also die Marktwirtschaft tatsächlich der Bedürfnisbefriedigung?
Allein am Beispiel der Qualität unserer produzierten Lebensmittel wird klar, dies ist nicht der Zweck des Marktes, denn niemand hat das Bedürfnis minderwertige Nahrung zu konsumieren! Dennoch wird solche minderwertige Nahrung in großen Mengen auf den Markt gebracht. Angebot und Nachfrage regelt also den Markt? Es besteht auf dem Markt also eine Nachfrage nach Dingen, die sehr schnell kaputt gehen, damit man auch bald wieder neu einkaufen und Geld ausgeben darf? Nicht nur das, sondern ein kurzer Besuch eines Wertstoffhofes dokumentiert konstant eine Wegwerfgesellschaft die ökologisch längst überholt ist. Es besteht also auf dem Markt eine ernste Nachfrage nach Kleidung, die in Billiglohnländern produziert wurden und dabei Kindern das Leben kostete? Aus dem einfachen Grund, weil die Arbeit dort so billig ist, dass sich die Anschaffung teurer Maschinen gar nicht lohnt?
Ist das so? Der Markt ist arbeitsteilig organisiert? Welchen Anteil haben 214 Millionen Arbeitslose weltweit an der arbeitsteiligen Organisation? Welche Art der Globalisierung ist das?
Nein. Der wahre Zweck der Marktwirtschaft ist: Gewinn!

Eine wertvolle Ware herzustellen ist nicht der primäre Zweck der Marktwirtschaft. Und wenn es der Gewinnmaximierung dient, dann wird die Ware eben minderwertig. Mit ein bisschen Werbung wird aus dem größten Dreck eine Prämienpackung. Es lohnt sich für einen Produktionsmittelbesitzer eher, Geld in Werbung, Publicity, Vertriebslogistik zu stecken, als in die Produktion selbst. Fossile Brennstoffe sind längst überholt, schon seit 100 Jahren kennt die Wissenschaft den Zusammenhang mit der Erderwärmung und der damit drohenden Klimakatastrophe. Fossile Brennstoffe sind nicht alternativlos. Sie werden nur genutzt zwecks Gewinnmaximierung. Dieses Denken fällt nun der gesamten Gesellschaft hart auf die Füße.
Angebot und Nachfrage regelt gar nichts. Sonst hätte Afrika Zugang zu den dringend benötigten AIDS Mitteln, die sie aber nicht bekommen, weil die Generika durch den Patentschutz zurückgehalten werden. Gewinn ist die Maxime dabei. Und mit billigen Arzneimitteln lässt sich in Afrika kein Gewinn machen.
Trotz Agrarüberschuss gibt es Hunger in der Welt, trotz medizinischen Fortschritts haben wir eine Krise im Gesundheitswesen, trotz Produktivitätszuwachs haben wir Altersarmut.
All die vielen schönen Produkte, die in den Regalen der Kaufhäuser stehen, sind Eigentum der Produzenten. Es zählen also nicht unsere Bedürfnisse, die bedingungslos sind: Ist mir kalt brauche ich Kleidung. Habe ich Hunger, brauche ich zu essen. Es zählen nur unsere zahlungsfähigen Bedürfnisse. Das heißt, für einen Produzenten einer Ware zählt nicht, ob ich die Ware brauche, sondern ob ich sie kaufen kann. Und dieser verfehlte Zweck einer Ware liegt an der Organisation der Warenproduktion.
Nur der, der selbst etwas verkauft, kann auch kaufen. Und diese Tatsache des Marktes berücksichtigt die Bedürfnisse des Einzelnen überhaupt nicht.
Mit der Ware kommt ein anderer Zweck in die Welt.
Der Reichtum der Gesellschaften, in welchen kapitalistische Produktionsweise herrscht, erscheint als eine »ungeheure Warensammlung« (Karl Marx)
Anders formuliert: Mit dem Kapitalismus haben wir eine Maschinerie geschaffen, die Bäume voller Früchte wachsen lässt, an die aber nur noch wenige herankommen, während die unteren, erreichbareren Früchte vergiftet sind.
Das Wachstum dieses Kapitalismus hat nicht das Bedürfnis des Einzelnen zur Grundlage, sondern das Geld, den Tauschwert.
Ziel ist es, eine Ware mit Gewinn zu verkaufen. Der Gebrauchswert einer Ware spielt darin eine nachrangige Rolle. Wenn man eine schlechte Ware mit mehr Gewinn als eine gute Ware verkaufen kann, wird man die schlechte Ware verkaufen und nicht die gute.
Eine Ware kaufen kann man mit Geld. Geld verdient man sich durch Arbeit. Arbeit ist also ein Mittel zum Leben.
Trotz gesteigerter Produktivität wird die Arbeitszeit immer wieder verlängert. Trotz technischen Fortschritts wird die Arbeit selbst intensiviert (Arbeitszeitverdichtung). Dabei zählt die individuelle Anstrengung gar nichts. Gezahlt wird ja nicht für die einzelne persönliche Leistung, sondern nach einem gesellschaftlich ermittelten Wert, den die Verpachtung der einzelnen Arbeitskraft im Schnitt schafft. Von der tatsächlichen Produktivität einer Firma in der ich arbeite, weiß ich nichts. Kein lohnabhängig Beschäftigter wird bei einem Vorstellungsgespräch Einblick in die Stückzahlproduktion und die Bilanzen der Firma verlangen, geschweige denn, dass ihm da Einblick gewährt werden würde. Bezahlt wird der Arbeiter nach einem Tarif, den die Gewerkschaft ausgehandelt hat, und gibt es keinen Tarif und keine Gewerkschaft, dann wird der Arbeiter nach einem fiktiven gesellschaftlichen Äquivalent bezahlt, das dann tatsächlich die Arbeit unter Wert verkauft. So kann es passieren, dass man für 3 Euro die Stunde arbeitet, und damit trotz Vollzeitbeschäftigung vom Staat alimentiert werden muss, um zu überleben – working poor. Der eingeführte, endlich eingeführte Mindestlohn ändert nichts an der methodischen Ausbeutung. Es kann aber auch sein, dass eine bestimmte Arbeit aufgrund marktwirtschaftlicher Bedingungen über dem Wert bezahlt wird. So entsteht die absurde Situation, dass die Arbeit selbst zur Ware wurde. Und damit unterliegt die Ware Arbeitskraft den gleichen Bedingungen wie die Ware selbst. Das heißt, eine Ware Arbeitskraft auf dem Markt angeboten kann miserabel sein, und trotzdem viel Geld bringen. Das sieht man schön an der Leistung von so manchem Politiker. Oder Showmaster. Oder Manager. Eine hochwertige Arbeit wiederum kann sich auf dem Markt nicht zwangsläufig durchsetzen, das sieht man dann an der Verelendung von hochqualifizierten Akademikern. Nicht Angebot und Nachfrage bestimmen den Wert einer Arbeitskraft, nicht die Koordination von Produktion und Konsum, sondern das Geld, das die Arbeitskraft dem Produzenten verschafft.
Grundlage des Tauschwerts einer Ware ist die geleistete Arbeit. Die menschliche Arbeitskraft bestimmt den Tauschwert einer Ware. Und hier handelt es sich um den Mehrwert.
Jemand, der einen Tageslohn von beispielsweise 80 Euro bekommt, schafft einen Wert von 160 Euro, stellt also an einem Tag Produkte her, die der Produzent auf dem Markt für 160 Euro verkaufen kann. Der Produzent hat 80 Euro verdient. Diese 80 Euro investiert der Produzent geschickter weise in eine weitere Arbeitskraft, die erneut für 80 Euro 160 Euro herstellt. Das sind nun schon 160 Euro für den Produzenten, dafür kann er sich zwei weitere Arbeitskräfte anschaffen und weitere 160 Euro, und ist jetzt schon bei 320 Euro. Ist die Arbeitskraft teurer, so wie einem Land wie Deutschland, lohnt es sich für den Produzenten in Technik, in Maschinen zu investieren, um die Arbeitskraft noch mehr auszubeuten. Mit Hilfe einer Maschine kann dann die Arbeitskraft die dreifache Menge produzieren, ohne adäquate Lohnerhöhung. Meist wird diese Maschine mit Kredit finanziert, Schulden, deren Zinsen und Zinseszinsen dann von der Arbeitskraft getilgt werden. Das ist dann das Argument des Produzenten, warum er den Lohn nicht erhöhen kann. Eine wundersame Vermehrung des Geldes. Das nennt man dann schlicht „Ausbeutung“. Anders kann man es nicht nennen, auch wenn es uns in Deutschland ja noch ganz gut geht.

Niemand weiß jetzt von vorne herein, was eigentlich auf dem Markt geschieht. Da ja nicht der Gebrauchswert der Ware auf dem Markt gekauft wird. Es wird getauscht. Das heißt, die Ware hat einen Tauschwert. Und dieser Tauschwert ist völlig unabhängig von seinem tatsächlichen Gebrauchswert. Und so passiert es eben, dass man sich eine teure Hose kauft, die von sehr schlechter Qualität ist, weil sie in Billiglohnländer produziert und mit üblen Chemikalien versetzt wurde. Durch die günstige Produktion der Hose wurde es möglich, sie schön zu verpacken. Man steigert den Tauschwert einer solchen schlechten Hose, indem man sich den Namen eines bekannten Hosendesigners kauft und als Marke auf die Hose klebt. Entscheidend ist dabei also ausschließlich der Gewinn, den eine solche Hose auf dem Markt erzielt. Ist der Name des Designers zu teuer und schmälert dies für den Hosenproduzenten unverhältnismäßig den Gewinn, dann lässt man diesen Markennamen eben weg und verkauft die Hose in Discountläden, die sich dadurch auszeichnen, dass ihre verkaufte Ware exklusiv billig ist. Durch die Masse der verkauften schlechten Hosen wird man wiederum reich.
Ob aber nun diese Hose wirklich verkauft werden kann, das weiß man nicht so genau vorher. Der Tauschwert, ausgedrückt in dem Äquivalent Geld, relativiert den Gebrauchswert.
Geld unterstellt eine Warenproduktion, und Warenproduktion unterstellt Geld. Das geschieht völlig abgehoben von den Bedürfnissen des Einzelnen. Ob die Hose auf dem Markt verkauft werden kann, hängt also überhaupt nicht mit der Nachfrage nach Hosen zusammen, sondern ausschließlich mit der zahlungsfähigen Nachfrage. Bei zunehmender Verelendung der Masse ist natürlich mit Billigprodukten ein gewisses Geschäft zu machen. Aber das lohnt sich nur bei Massenproduktion. Bei Massenproduktion braucht man auch einen großen Markt mit vielen Käufern. Das ist ein Risiko. Daher werden Massenprodukte schlecht produziert, billig. Große Nahrungsmittelproduzenten haben weniger Interesse an der Herstellung gesunder Produkte, vielmehr Interesse daran, Produkte so zu gestalten, dass sie viel und auch dauerhaft gekauft werden. Ein Produzent von Heroin hat ein hervorragendes Produkt, das so gut ist, dass es regelmäßig darum so genannte Drogenkriege gibt. Auch Gas, Öl, fossile Brennstoffe sind gute Produkte im Sinne des totalen Systems des Kapitalismus. Dass sich der arme Mensch mit dem Produkt den Magen verdirbt, dass wir alle darunter leiden, spielt gar keine Rolle. Das Problem ist nun, dass kein Produzent diese Logik einfach verlassen kann. Jeder Stillstand führt zum Ruin.
Mit dem Geld tragen die Menschen ihre gesellschaftlichen Verhältnisse in der Tasche. (Karl Marx)
Alles klar soweit?
Wie wird man nun Milliardär, während alle anderen verhungern?
Lotto: Angeblich gibt es tatsächlich Lottogewinner. In der Regel ist der, der die Lotterie anbietet der Hauptgewinner. Bei der staatlichen Lotterie subventioniert der einfache Mann, die einfache Frau (was auch immer das ist) Woche für Woche den Staatshaushalt. Ab und zu schüttet man etwas Geld aus, damit die Illusion für die Lottospieler aufrecht erhalten wird.
Lotto ist also ein wenig Zufall und viel Manipulation. Um Milliardär zu werden, eher schlecht geeignet (außer man bietet selbst eine Lotterie an).
Einfacher Warenhandel: Sie stellen ein Produkt selbst her und verkaufen es selbst. Im besten Fall werden Sie sich grade mal so über Wasser halten können. In der Regel ersaufen Sie. Und Milliardär werden Sie so nie und nimmer.
Betrug: Das geht. Ein Banküberfall oder Erpressung. Ein Bekannter von mir (mittlere Managementebene) sagte mir einmal, wer fleißig ist und intelligent, kann es vielleicht zum Millionär bringen in unserem Staat. Alles was darüber hinaus geht ist kriminell. All die ehrbaren Kaufleute von denen einst Horst Köhler sprach, das sind die netten Millionäre. Aber Milliardäre sind sie nicht.
Man lässt andere für sich arbeiten: so geht’s. Eine Arbeitskraft produziert für den werdenden Milliardär einen Mehrwert, der ihm voll und ganz gehört, denn er hat ja nicht das hergestellte Produkt vom Arbeiter gekauft, sondern dessen Arbeitskraft, die er nach seinen Vorstellungen auspressen kann. Je mehr die Arbeitskraft zum gleichen Preis produziert, desto schneller wird der Proviteur der Arbeitskraft Milliardär.
Historisch greift dies zurück auf die Sklaverei in der Antike, die Leibeigenschaft im Mittelalter und heutzutage eben die Arbeitskraft als Ware.
Die Ware Arbeitskraft schafft selbst Wert. Der Wert entsteht überhaupt erst über Arbeitskraft.
Und der Käufer der Ware Arbeitskraft nutzt die Differenz zwischen dem Wert der Ware Arbeitskraft und dem Wert, den die Ware Arbeitskraft schafft. Also noch mal das Beispiel: Eine Arbeitskraft kostet täglich zum Beispiel 80 Euro und schafft einen Wert von 160 Euro. Macht 80 Euro plus. Mit einer auf Pump gekauften Maschine kann man aus 80 Euro 800 machen, ohne die Arbeitskraft zusätzlich dafür zu belohnen.

Der ehrbare Kaufmann ist also ein Relikt. Da der Mensch selbst zur Ware geworden ist, kann kein Kaufmann mehr ehrbar sein. Auf dem Markt ist Anstand keine Kategorie. Anstand wird hinweggefegt. Die Logik des Marktes ruiniert zwangsläufig unser moralisches Regelwerk. Sie mögen einen netten Chef haben, der Ihnen im Betrieb die Schulter klopft. Aber auf dem Markt wird er Sie entlassen müssen, auch wenn er selbst dabei Tränen vergießt, auf dem Markt wird er Ihre Arbeitszeit verlängern müssen, Ihre Arbeit intensivieren müssen, trotzdem den Lohn kürzen müssen, auch wenn es ihm unendlich leid tut. Tut er dies nicht, geht er mit Ihnen unter. Produktivitätssteigerung ist das Maß aller Dinge für den Eigentümer von Produktionsmitteln.
Da der einzelne Unternehmer unabhängig von allen anderen Unternehmern produziert, ist er gezwungen, der Wettbewerbsmaschine zu gehorchen. Immer ist da wer, der ihn unterbietet, die Ware mit mehr Gewinn verkaufen kann und ihn so vom Markt drängt. Wenn Ihr Chef eine Maschine bekommt, die für weniger Geld mehr produziert, als Sie es können, ist er gezwungen, Sie zu entlassen oder den Lohn zu kürzen. Sein Konkurrent hat schon die Maschine und produziert mehr für weniger Kosten.
Die Maschine gibt damit den Takt für die verbleibende Arbeitskraft vor.
Historisch führte dies zur Maschinenstürmerei. Lohndumping und Massenverelendung durch günstige Maschinen führte zu erheblichen Kämpfen und zu einer Technikfeindlichkeit des Lohnabhängigen, einfach, weil die Maschine sein Konkurrent auf dem Arbeitsmarkt ist. Die Maschine ist jedoch nicht per se der Feind des Menschen. Sie ist es nur im Rahmen der Warenproduktion. Da die Arbeitskraft des Menschen genauso eine Ware ist wie die Maschine, werden die beiden gegeneinander positioniert.
Schafft man die Warenproduktion ab, ist die Maschine sofort der beste Freund des Menschen. So ist es ja im privaten Haushalt auch. Die Waschmaschine erledigt die Wäsche, die Spülmaschine spült das Geschirr, der Gasboiler wärmt das Wasser. So habe ich mehr Muse und ein angenehmeres Leben. Niemals würde ich meine Waschmaschine als Konkurrent sehen, weil sie mir die Arbeit des Wäschewaschens wegnimmt. Dies nur, wenn ich Berufswäscher bin und folglich auf dem Markt ineffizient wurde.
Planwirtschaft. Ups! Da denken viele gleich das Wort „Zentralkomitee“ mit. Aber wir dürfen dabei nicht übersehen, wie viel Planwirtschaft bereits im Kapitalismus stattfindet. So werden in den Betrieben immer Pläne angefertigt über Projekte. Ohne geht’s ja gar nicht. Die ganze Kriegswirtschaft ist Planwirtschaft, denn da kann man es nicht dem Markt überlassen. Wenn ein Gewehr nicht funktioniert ist der Soldat tot. Minderwertige Gewehre – die gibt’s nur für minderwertige Soldaten. Also für Iraker oder Somalier. Das nur nebenbei. Das Bedürfnis steht in der Kriegswirtschaft an erster Stelle. Aber auch im ganz privaten Haushalt würden wir nicht überleben, wenn wir nicht unabhängig von Warenproduktion planen würden. Unser Kühlschrank wird nach unseren Bedürfnissen gefüllt, und nicht zum Zweck der Gewinnmaximierung. Würde in einer fünfköpfigen Familie jeder für sich einkaufen, ohne Absprache mit den restlichen Familienmitgliedern, dann entstünde schnell ein ziemliches Chaos. Es macht also Sinn, gemeinsam zu planen und zu verwalten.
Warum aber agieren die einzelnen Unternehmer jeder für sich und lassen es zu, dass auf dem Markt Chaos entsteht? Absprachen unter den Unternehmern sind verpönt, denn das führt zur Kontrolle des Marktes. Es kommt zu Preisabsprachen. Das Problem ist hier weiter die Warenproduktion. Unternehmer sprechen sich nur ab, um letztlich den Gewinn zu maximieren. Zu keinem anderen Zweck. Dagegen wäre eine kluge und im Sinne des Gemeinwohls geplante Zusammenarbeit zielführend. Die Expedition zum Mond von über 50 Jahren war nur möglich, weil die gesamte Ökonomie eines Staates zusammen arbeitete.
Wenn die fünfköpfige Familie am Samstagabend vor dem Fernseher sitzt, dann müssen einfach genug Erdnüsse für alle da sein. Dass nun der Vater mehr Erdnüsse bekommt, als die fünfjährige Tochter ist eine ganz andere Liga. Planwirtschaft beseitigt nicht das Machtgefälle, sondern nur das Allokationsproblem der Warenproduktion. Der Vater hat kein Interesse daran, dass die fünfjährige Tochter verhungert, oder im schlichteren Falle den Fernsehabend versaut, weil sie schreiend über zu wenige Erdnüsse die Familie terrorisiert. Die Bedürfnisse sind wieder in den Vordergrund getreten.
In der Marktwirtschaft nutzt das Geschrei gar nichts. Wer nicht zahlen kann, der verhungert. Terror bringt ihn nicht weiter.
Warenproduktion zur Gewinnmaximierung (Geldanhäufung) mit der Ware Arbeitskraft (Ausbeutung) ist die Grundlage der defizitären Allokation in unserer Welt. Hunger und Hungertod ist das Ergebnis von Kapitalismus.
Planwirtschaft führt nicht automatisch zu einer schönen, neuen Welt in der alle satt und glücklich sind. Aber Planwirtschaft gibt uns wieder den Spielraum zurück, tatsächlich unsere echten Bedürfnisse zu befriedigen, Planwirtschaft gibt uns die Macht zurück, das Gute im Menschen zu fördern. Marktwirtschaft verursacht Elend. Egal ob ich mich anstrenge oder nicht, kann ich in der Marktwirtschaft dieses Elend nicht beseitigen. Planwirtschaft im Sinne einer klugen, am Gemeinwohl orientierten Planung ermöglicht es wieder, dass meine Anstrengung Elend beseitigt. Ob wir das dann auch schaffen, steht auf einem anderen Blatt, aber dass es wieder möglich wird, das ist doch schon was.
Es wird jetzt, da existenzielle Güter knapp werden (Wasser, Energie) gar nicht mehr anders möglich sein. Daher steht die politische Diskussion ganz oben auf der Agenda: Wie können wir in einer freiheitlichen, demokratisch organisierten Verfassung gemeinsam planen. Welche Form der Solidarität wollen wir zukünftig haben?
Mag sein, dass ich ein unverbesserlicher Idealist bin. Aber ich bin immer noch überzeugt davon, dass wir Menschen nicht nur superintelligente Raubtiere sind, sondern auch über eine ungeheure soziale Kraft verfügen. Wenn wir jetzt die Anstrengungen der kommenden Krisen leisten wollen, die Krisen endlich affirmieren, dann können wir (Phönix aus der Asche) eine großen und positiven Schritt in eine bessere zukünftige Welt schaffen.
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Bernhard Horwatitsch https://www.literaturprojekt.com/
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